Liebe Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter,
medizinische Einmalhandschuhe werden situationsabhängig sowohl zum Eigenschutz wie auch zum Fremdschutz eingesetzt. Allerdings ergeben sich in der Praxis aus Unsicherheit oft Situationen, in denen medizinische Einmalhandschuhe getragen werden, obwohl das für den Schutz des Patienten und/oder den Selbstschutz nicht erforderlich wäre, also keine Indikation besteht. Das ist nicht nur aus ökologischer, sondern auch aus infektionspräventiver Sicht kritisch zu sehen.
Daher möchten wir Ihnen anhand von Situations-Beispielen erläutern, wann das Tragen medizinischer Einmalhandschuhe indiziert ist und wann nicht. Zum Teil muss dies auch situationsabhängig entschieden werden, da hier nicht alle im Alltag auftretenden Konstellationen aufgeführt werden können. Das Grundprinzip soll anhand der aufgeführten Beispiele aber verdeutlicht werden.
Ein indikationsgerechter Einsatz medizinischer Einmalhandschuhe ist aus verschiedenen Gründen sinnvoll, u.a.:
- Steigerung der Durchführung der indikationsgerechten Händedesinfektion und damit des Patient*innenschutzes.
- Verbesserung des Arbeitsschutzes (durch Verringerung der Hautbelastung der Beschäftigten).
- Steigerung der Nachhaltigkeit im Gesundheitswesen durch geringeren Verbrauch und reduziertes Abfallaufkommen.
Die aufgeführten Punkte sind exemplarisch zu verstehen, mehr Informationen erhalten Sie in der jährlich durchzuführenden Unterweisung nach Biostoffverordnung (BioStoffV) bei Tätigkeiten mit biologischen Arbeitsstoffen. Wir bitten Sie daher, sich die Beispiele sorgfältig anzusehen und in unklaren Fällen Rücksprache mit den Kolleginnen und Kollegen aus den Bereichen Krankenhaushygiene, Arbeitssicherheit und Betriebsärztlicher Dienst zu suchen.
Herzlichen Dank
Ihre (alphabetisch)
Prof. Dr. med. S. Engelhart, Leiter Stabsstelle Krankenhaushygiene
K. Fischer, Leiterin Stabsstelle Arbeitssicherheit und Umweltschutz
Dr. med. T. Menting, Leiterin Betriebsärztlicher Dienst
Quelle:
Kommentar der Kommission für Krankenhaushygiene und Infektionsprävention (KRINKO) zum indikationsgerechten Einsatz medizinischer Einmalhandschuhe im Gesundheitswesen Epidemiologisches Bulletin 10, 2024, 7. März 2024
BAuA - Regelwerk - TRBA 250 Biologische Arbeitsstoffe im Gesundheitswesen und in der Wohlfahrtspflege - Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin, Ausgabe: März 2014, 4. Änderung vom 02.05.2018
Beispiele für Situationen, in denen das Tragen medizinischer Einmalhandschuhe indiziert ist
Risiko hoher Exposition gegenüber Blut, Körperflüssigkeiten, Sekreten, Ausscheidungen und sichtbar mit Körperflüssigkeiten verschmutzter Ausrüstung/Instrumente
direkter Patient*innenkontakt
- Kontakt mit Blut, Schleimhäuten oder nicht intakter Haut (z. B. Versorgung blutender Wunden, Intubation, Untersuchung der Anogenitalregion)
- Blutentnahme, Lanzettenblutentnahme
- Einsetzen von Gefäßzugängen/ periphervenösen Verweilkanülen (PVK)*/
- Verabreichung von intravenösen (i. v.) Injektionen
- Manipulation an einem Gefäßzugang
- (in Anwesenheit von Blut)
- Notfallbehandlung (in „unklaren/ungeordneten Situationen“) in zentralen Notaufnahmen oder dem Rettungsdienst
- Endotracheales Absaugen
- (Achtung: für offene Systeme sterile Handschuhe)
- Körperpflege von Patientinnen und Patienten
- Waschen von Patientinnen und Patienten.
- Eincremen von Patientinnen und Patienten.
- Grundsätzlich bei Handkontakt mit sensibilisierenden oder pharmakologisch wirksamen Inhaltsstoffen.
- Grundsätzlich in der Patientenversorgung bei C. difficile-Infektion (s. Hygieneplan 3.1 und 3.2)
indirekter Patient*innenkontakt
- Umgang mit Ausscheidungen und Erbrochenem
- Untersuchung von nicht dekontaminierten Biomaterialien
- Umgang mit Medikamentenverneblern bei Patienten mit Atemwegsinfektion (bei Patienten ohne Atemwegsinfektion sind Handschuhe bei guter Händehygiene verzichtbar)
- Beim Verwenden von Instrumenten, die potenziell mit Blut, Sekreten und Exkreten verschmutzt werden können (z.B. vaginale Ultraschallsonden, Endoskope)
- Bei der Aufbereitung von Instrumenten, die mit Blut, Sekreten oder Exkreten verschmutzt wurden (ggf. ist hier der Einsatz besonderer chemikalienbeständiger Handschuhe indiziert)
sonstige Tätigkeiten
- Reinigung/Desinfektion von mit Körperflüssigkeiten verschmutzten/kontaminierten Oberflächen und/oder Gegenständen
- Umgang mit medizinischen Abfällen, die mit Blut, Sekreten, Exkreten oder Erbrochenem verschmutzt sind
- Entsorgung von Abfallsäcken (Stichfeste Handschuhe sinnvoll zum Schutz vor Nadelstichverletzung)
- Labortätigkeiten, z.B. mit potenziell infektiösen und/oder mit gentechnisch veränderten Materialien
Beispiele für Situationen, in denen das Tragen medizinischer Einmalhandschuhe nicht indiziert ist
Kein Risiko einer hohen Exposition gegenüber Blut, Körperflüssigkeiten, Sekreten, Ausscheidungen oder einer damit kontaminierten Umgebung
direkter Patient*innenkontakt
- Verabreichung von intradermalen, subkutanen und intramuskulären Injektionen (z.B. Impfen)
- Blutzuckermessung
- Jegliche Manipulation an Gefäßzugängen bei fehlendem Blutfluss
- Untersuchungen ohne Kontakt mit Schleimhaut, Blut oder Wunde, z.B. Blutdruck-, Temperatur- und Pulsmessung, Auskultieren, Otoskopieren
- Platzieren nicht invasiver Beatmungsgeräte und der Sauerstoffkanüle
- Patientenpositionierung (z.B. Dekubitusprophylaxe oder Positionierung bei bildgebenden Verfahren wie Röntgen)
- Körperpflege von Patientinnen und Patienten
- Aus- und Ankleiden
- Kämmen/Rasieren
- Begleitung und Transport von Patienten
indirekter Patient*innenkontakt
- Vorbereiten/Bereitstellen/Verteilen/ Verabreichen von Nicht-Parenteralia (Herstellerangaben beachten, z.T. werden chemikalienbeständige Handschuhe gefordert)
- Tätigkeiten im Patientenzimmer wie
- Bettenrichten/Bettwäschewechsel/Bettenbeziehen bei Patientenneuaufnahme
- Verteilung oder Abholung von Essentabletts
- Anreichen von Essen/Getränken
- Verschieben von Möbelstücken Reinigung von patientenfernen Bereichen (ggf. ist hier der Einsatz mechanisch belastbarer oder chemikalienbeständiger Handschuhe indiziert)
sonstige Tätigkeiten
- Tätigkeiten ohne Patientenkontakt, wie Telefonieren, Dokumentationsaufgaben
- Umgang mit Lebensmitteln, z.B. Transport, Verteilung von Lebensmitteln, Zubereiten von Heißgetränken
- Transport von Versorgungswagen u.ä.
Achtung:
Dieses Rundschreiben bezieht sich nicht auf:
- Schutzhandschuhe gegen gefährliche Chemikalien und Mikroorganismen (gemäß DIN EN ISO 374-1: 2018-10 bzw. DIN EN ISO 374-5:2017-03);
- Handschuhe für nicht-medizinische Tätigkeiten (z. B. Reinigung).
Diesbezüglich wird auf die Vorgaben der Stabsstelle Arbeitssicherheit und Umweltschutz (Intranetseite oder im QM-System unter der Dokumentennr.: AU-20173-05-VA „Schutzhandschuhe richtig auswählen“) verwiesen.
Tragen Medizinischer Einmalhandschuhe (PDF-Download)